Sperrfrist bei Rücknahme des Antrags auf Restschuldbefreiung

Welche Sperrfrist muss eingehalten werden, wenn der Antrag auf Restschuldbefreiung zurückgenommen wird? – BGH vom 12.05.2011, IX ZB 221/09

BildFür viele Schuldner ist die Einleitung und Durchführung des Insolvenzverfahrens eine enorme seelische Belastung. Hinzu kommt, dass sie sich oft keinen Rechtsrat einholen können, weil die finanziellen Mittel hierzu fehlen, und mit den komplexen Anforderungen überfordert sind. Dies kann dazu führen, dass sie sich im Insolvenzverfahren falsch verhalten, so dass ihnen die Versagung der Restschuldbefreiung droht, etwa wegen Verletzung der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Folge hiervon ist, dass zwar das Vermögen der Schuldner verwertet wird und diese den Gläubigern sechs Jahre lang ihr pfändbares Einkommen zur Verfügung stellen müssen, sie aber die Schulden trotzdem nicht los werden. Die Gläubiger können dann ihren jeweiligen Auszug aus der Insolvenztabelle dazu verwenden, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzuleiten. Nach einer gewissen Wartezeit ist es dann möglich, erneut einen Insolvenzantrag zu stellen.

Flucht nach vorn durch Rücknahme des Antrags auf Restschuldbefreiung

Ist dem Schuldner bekannt, dass sein Insolvenzverfahren möglicherweise nicht zur gewünschten Restschuldbefreiung führt, hat er die Möglichkeit, die Flucht nach vorn anzutreten und seinen Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung zurück zu nehmen. Es wird sodann nur noch das eigentliche Insolvenzverfahren durchgeführt, also sein Vermögen mit Ausnahme seines Arbeitseinkommens verwertet, ohne dass er danach in die sog. Wohlverhaltensphase eintritt. So kann das erste erfolglose Verfahren meist um einige Jahre abgekürzt werden.

Sperrfrist nach Rücknahme des Antrags auf Restschuldbefreiung

Nach bis zum 30.06.2014 geltenden Recht hat der Insolvenzschuldner sodann eine Sperrfrist von drei Jahren zu beachten. Er kann einen neuen Insolvenzantrag also nur innerhalb einer Frist von drei Jahren, gerechnet ab der Rücknahme seines Antrags im vorangegangenen Insolvenzverfahren, stellen. Dies ist zwar nicht gesetzlich geregelt, wurde aber vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 12.05.2011, IX ZB 221/09, ausgeführt. Er berief sich auf Rechtsprechung, wonach der Schuldner eine dreijährige Sperrfrist nach Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO einzuhalten hat. Nach seiner Ansicht müsse der Schuldner, der eine solche Versagung durch Rücknahme seines Antrags auf Restschuldbefreiung vermeide, sich im Hinblick auf die Sperrzeit so behandeln lassen, als sei eine Entscheidung über die Versagung der Restschuldbefreiung ergangen.

In der ab dem 01.07.2014 geltenden Neufassung der Insolvenzordnung wurden zwar die Sperrfristen neu geregelt und auch viele Regelungslücken beseitigt, die bisher durch Rechtsprechung gefüllt worden waren. Eine Sperrzeit nach einer Rücknahme des Antrags auf Restschuldbefreiung wurde jedoch nicht in das Gesetz aufgenommen. Dies bedeutet, dass ein erneuter Insolvenzantrag nach Rücknahme des Antrags auf Restschuldbefreiung grundsätzlich sofort wieder möglich ist. Wie die Gerichte hierauf reagieren werden, bleibt abzuwarten. Eine erneute Regelungslücke anzunehmen, die sodann wieder im Wege der Analogie durch Rechtsprechung geschlossen werden kann, dürfte jedoch schwierig werden, da der Gesetzgeber erst vor Kurzem die Sperrfristen geregelt und sicher auch die Rechtsprechung zu den Sperrfristen nach Rücknahme des Antrags auf Restschuldbefreiung bedacht hat. Ggf. wird auch der Gesetzgeber dazu berufen sein, die Insolvenzordnung kurzfristig nachzubessern. Es gilt hier wie auch sonst in der Juristerei: Es bleibt spannend.

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